MIT HOCHWASSER UMGEHEN LERNEN
Hochwasser bestimmte gleich zu Jahresbeginn die Schlagzeilen der Medien. Aus allen Ecken des Landes hörte man Warnmeldungen. Vor allem in Norddeutschland kam es vermehrt zu Überflutungen, die die Schäden voraussichtlich wieder in schwindelerregende Höhen steigen lassen werden, zumal bereits die nächsten Warnungen der Meteorologen über die Newsticker laufen. Die Meldungen lassen die Erinnerungen an die Katastrophe im Ahrtal 2021 wach werden, deren Auswirkungen in der Region bis heute noch spürbar sind. Hochwasser zeigt sich in den letzten Jahren als häufig wiederkehrendes Problem, das keinesfalls unterschätzt werden sollte. Es stellt sich also die Frage, wie man sich bestmöglich vorbereiten und schützen kann.
IM ERNSTFALL IST SCHADENSBEGRENZUNG ANGESAGT
Gerade bei den eisigen Temperaturen, die wir erleben, fürchten Hausbewohner das Zusammenkommen von Frost und Hochwasser. Wenn das Mauerwerk feucht ist, besteht ein erhöhtes Schadensrisiko. „Da sich gefrorenes Wasser bis zu 10 % ausdehnen kann, besteht die Gefahr, dass der entstehende Druck das Material und Bauteile beschädigt oder gar zerstört. Vor allem dann, wenn Gebäudeteile schon durchfeuchtet sind“, erklärt Prof. Norbert Gebbeken, Experte für Baustatik der Bundeswehr-Universität München der FAZ. Fällt die Temperatur auf -10 Grad Celsius, gilt es die Kälte von den bereits durchfeuchteten Gebäudeteilen fernzuhalten.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfiehlt bei einer bevorstehenden Gefahr verschiedene Vorsichtsmaßnahmen. Das Besorgen von Sandsäcken, Schalbretter, wasserfesten Sperrholzplatten und Silikon sind ein Teil der Maßnahme, die erste Schäden verhindern können. Ebenso sollte man eine Tasche mit allen wichtigen Dokumenten und Unterlagen an einem sicheren Ort bereithalten. Wertvolle Möbel und Elektronikgeräte in höhere, geschützte Räume zu transportieren ist ebenfalls unerlässlich. Ist das Wasser unmittelbar davor oder sogar schon ins Haus eingedrungen, sollten Türen, Fenster und andere Abflussöffnungen verdichtet werden. Zum Schutz vor Stromschlägen ist es notwendig, den Strom komplett abzuschalten. Niemals sollte man sich im Keller aufhalten.
Auch nach Rückgang des Wassers, sei es auf natürliche Weise oder durch Abpumpen, gibt es einiges zu beachten. Es besteht die Gefahr, dass der Boden mit Schadstoffen verunreinigt wurde, die noch in den Sedimenten der Flussbetten lagerten. Da im Hochwasser mit Keimbelastung zu rechnen ist, sollten Lebensmittel, die damit in Berührung kamen, gründlich gereinigt, abgekocht oder bei konkreter Gefahr entsorgt werden. Betroffene Räume und Gegenstände müssen außerdem auf Schimmelbefall überprüft werden und alle Schäden sollten fotografisch für die Versicherung dokumentiert werden.
Als Hausverwalter in einem hochwasserbedrohten Gebiet ist es wichtig, seiner Verantwortung gerecht zu werden und alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Schaden von Mensch und Objekt abzuwenden. Dazu gehört neben den bereits aufgeführten Dingen beispielsweise die Rückstauklappe im Keller regelmäßig auf ihre Funktion zu prüfen. Außerdem hat der Verwalter die Bewohner seiner Immobilien über ihre Verantwortung zu belehren, Sicherheitshinweisen wie beispielsweise den Keller nicht zu betreten und den Strom rechtzeitig abzustellen, zu folgen – um nur zwei Bereiche zu nennen.
PRÄVENTIVE SICHERHEITSMASSNAHMEN
Wer gerade dabei ist, ein neues Haus zu bauen, kann bereits hier erste Vorkehrungen treffen. Zum einen gilt es, die Vorgaben der Gemeinde im Bebauungsplan zu beachten. Beispielsweise kann hier festgelegt sein, dass das Erdgeschoss über der Straßenhöhe liegen muss. „Unabhängig von diesen Vorgaben empfehle ich immer Rückhaltebecken oder Mulden, die vorübergehend Regenwasser abfangen, in die Planung zu integrieren und darauf zu achten, so wenig Grünfläche wie möglich zu versiegeln“, lässt Architekt Maxim Kohlmann vom Architekturbüro ArchGe uns wissen. Weiter spricht er von intelligenten Überwachungssystemen, die bei Gefahr Schutzbarrieren von Türen und Fenstern hochfahren würden. In Hamburg werden diese bereits genutzt. Außerdem sollten diejenigen, die ihr Haus gerade sanieren, überprüfen, ob die Außenhülle des Gebäudes wasserresistent ist. Falls Nachholbedarf bestehe, könne der Sockelbereich mit Bitumen abgedichtet werden. Ein Drainagesystem sollte auf alle Fälle verbaut werden, rät der Architekt. Falls nach schnellen und einfachen Schutzvorrichtungen gesucht wird, könne man auf aufblasbare mobile Hochwasserbarrieren zurückgreifen.
VERSICHERUNGSSCHUTZ
Sollte es trotz hoher Schutzvorkehrungen zu Schäden kommen, ist es wichtig, abgesichert zu sein und hier kommt immer wieder eine entsprechende Versicherungspflicht ins Gespräch. Einige Nachbarländer machen es vor. In der Schweiz sind zum Beispiel die meisten Hausbesitzer unbegrenzt gegen Flutschäden versichert. Hier sind im Großteil der Kantonen die Eigentümer verpflichtet, eine entsprechende Police für ihr Objekt abzuschließen. Die meist kantonalen Gebäudeversicherungen übernehmen im Schadenfall aber nicht nur die Kosten für die Schadensbehebung, sondern fördern auch die Prävention mit gutachterlicher Beratung und einem Bonus-Malus-Modell. So übernimmt die Versicherung einen Teil der Kosten für empfohlene Präventionsmaßnahmen. Andererseits werden nach mehrmaligen Schäden die Versicherungsleistungen für die gekürzt, die Empfehlungen für Präventionsmaßnahmen zuvor ignoriert haben. Kosten für Schäden durch gezielte Schadenprävention zu vermeiden ist in der Schweiz also schon lange Ziel der Versicherer. Zusätzlicher Druck von außen sorgt auch in den Kantonen ohne Versicherungspflicht dafür, dass auch hier eine hohe Versicherungsquote besteht. So verweigern oft Banken einen Immobilienkredit, wenn nicht eine entsprechende Versicherung gegen Flutschäden vorgelegt wird. In Frankreich läuft das Ganze etwas anders. Dort wird ein gewisser Prozentsatz auf die Hausrat- und Gebäude- sowie Kfz.-Versicherung erhoben, der in einen Solidaritätsfonds läuft, auf den wiederum unter der Erfüllung bestimmter Kriterien Geschädigte zugreifen können. In beiden Ländern zeigen die Systeme Wirkung, wobei das französische Modell seit 2025 defizitär läuft, sodass das Wirtschaftsministerium aktuell die Anhebung der Beitragssätze plant.
In Deutschland sind Elementarversicherungen freiwillig, doch im Moment wird wieder über eine Pflicht diskutiert. Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherung (GDV) aus dem Jahr 2021 besagen, dass im Schnitt 46 % der Gebäude in Deutschland über einen Elementarschadensschutz verfügen. In Baden-Württemberg sind es mit 94 % mit Abstand am meisten, wohingegen Bremen mit 23 % das Schlusslicht bildet. In den anderen Bundesländern können zwischen 30 % und 50 % der Gebäudeeigentümer eine entsprechende Versicherung vorweisen. Aus Versicherungsseite betrachtet ist also noch deutlich Luft nach oben und Hausverwalter sind hier in der Pflicht. Sie sollten die betreuten WEGs in dieser Sache beraten, auf die individuelle Risikosituation hinweisen und Optionen aufzeigen. Tun sie das nicht, kann daraus eine Haftung für den Verwalter entstehen.